Aus der 769. Sitzung vom 29. März 1976 - Auszüge:

 

Nun, guten Abend.

Diktat. Der sogenannte Kampf der Geschlechter in all seinen Abarten ist nicht "natürlich" - genausowenig wie das Kämpfen zwischen Angehörigen des gleichen Geschlechts.

 

Selbst im Königreich der Tiere kämpfen die männlichen Tiere nicht bis zum Tod um ein Weibchen, wenn sie in ihrer natürlichen Umgebung sind.

Ich werde die von mir gemeinte Bedeutung des Wortes "natürlich" später erklären.

Selbst wenn ihr nämlich das Verhalten der Tiere in ihrer scheinbar natürlichen Umgebung beobachtet, entgehen euch die grundlegenden Verhaltensmuster solcher Kreaturen, da ihr sie in den isolierten Bezirken eurer Schutzgebiete studiert, die nur in  e u r e r  Welt existieren.

 

Ihr könnt nicht einfach eine, zwei oder zwanzig natürliche Regionen offiziell zu Naturschutzgebieten erklären, in denen ihr das Leben der Tiere beobachtet, und erwarten, dass ihr etwas anderes findet als die jeweilige Anpassung jener Geschöpfe - eine Anpassung, die ihren "natürlichen" Reaktionen überlagert erscheint.

 

Das Gleichgewicht der Biotope, der Wandertrieb der Tiere, die Wetterbedingungen - all dies müsste in Betracht gezogen werden. Die Beobachtung der Tiere in eingezäunten "Naturparks", in die die Tiere eingesperrt sind, liefert nur ein verzerrtes Bild ihres natürlichen Verhaltens.

Die Zivilisation bindet sie fest. Und andere Tiere bleiben ausgeschlossen.

 

Aber Jäger und Beute hängen voneinander ab. In jeder Hinsicht paßt sich das Tierverhalten neuen Bedingungen so gut wie möglich an, auch das Sexualverhalten. Mehr oder weniger sind die Tiere geradezu konditioniert worden, sich an die veränderte Welt anzupassen.

 

Da der Mensch offensichtlich ein Teil der Natur ist, sagt ihr vielleicht: "Aber die vom Menschen verursachten Veränderungen sind natürlich".

Wenn ihr aber das Verhalten der Tiere studiert und anhand ihrer sexuellen Verhaltensweisen bestimmte Äußerungen der menschlichen Sexualität zu erklären versucht, dann schließt ihr diese Momente nicht in eure Betrachtungen mit ein, sondern tut, als ob das unter solchen Sonderbedingungen beobachtete Tierverhalten einen Hinweis auf die ursprüngliche biologische Natur des Tieres abgäbe.

 

Es ist für Männer nicht natürlich, Frauen zu bekämpfen.

Dies ist ein rein kulturbedingtes, angelerntes Verhalten.

Nach Kriterien eures Geschichtsverständnisses hätte die menschliche Spezies einen solchen Verschleiß an Energie nicht überstanden, noch hätte die Energie für einen solchen andauernden Streit ausgereicht.

 

Jede Spezies strebt nach Zusammenarbeit, auf der im Grunde alle irdische Existenz beruht. Ihr projiziert eure gegenwärtigen Vorstellungen zurück in die Vergangenheit und mißdeutet so manches, was ihr in der Natur beobachtet.

 

Die Zusammenarbeit, von der ich spreche, beruht auf Liebe, und diese Liebe hat eine biologische und auch eine spirituelle Grundlage.

 

Eure Überzeugungen lassen euch, zum Beispiel, leugnen, dass auch Tiere ein Gefühlsleben haben, und jede Äußerung der Tierliebe wird "blindem" Instinkt zugeschrieben.

 

Kirchen und Wissenschaften tragen für diese Fehleinschätzungen weitgehend die Verantwortung, aber Priester und Wissenschaftler sind keine fremden Autoritäten, die euch aufgezwungen werden.

Sie verkörpern verschiedene Aspekte von euch selbst.

 

Die Menschheit entwickelte eine eigene Art von Bewusstsein, da sie es für nötig hielt, sich selbst von ihrer Umwelt und den anderen Geschöpfen der Natur zu isolieren.

 

Als Ergebnis davon lehrten die Religionen, dass nur der Mensch über eine Seele verfüge und mit Gefühlen gesegnet sei.

Die Wissenschaft ihrerseits postulierte einen Menschen in einer mechanischen Welt, in der jedes Geschöpf von einer einwandfrei funktionierenden Maschine angetrieben wird, die gegen Schmerz und Lust gleichermaßen blind ist.

 

Liebe und Zusammenarbeit, die Grundlagen allen Lebens, zeigen sich aber auf vielerlei Arten. Die Sexualität stellte einen Aspekt davon dar, einen wichtigen.

Im weiten Sinn: Es ist genauso  n a t ü r l i c h  für einen Mann, einen Mann zu lieben, und für eine Frau, eine Frau zu lieben, wie für das andere Geschlecht Liebe zu empfinden. Deshalb ist es

n a t ü r l i c h e r, bisexuell zu sein. Das ist die "natürliche" Natur der menschlichen Spezies.

 

Statt dessen habt ihr die Liebe in ganz bestimmte Kategorien gezwängt, so daß sie nur unter sehr engen Bedingungen statthaft ist.

Die Liebe geht "in den Untergrund" und kommt in verzerrten Formen und übertriebenen Tendenzen wieder zum Vorschein.

Diesen Kurs habt ihr in verschiedenen Zeiten aus verschiedenen Gründen verfolgt.

 

Eure sexuelle Situation ist ein weiterer Spiegel eures Bewusstseinszustandes. Eure Gesellschaft setzt Sex der Liebe gleich, zur Zeit wenigstens hier im Westen. Ihr glaubt, dass Sexualität der einzige natürliche Ausdruck der Liebe sei. Demnach müßte sich die Liebe

(humorvoll und tiefer) ausschließlich auf die Erforschung der Geschlechtsteile des Geliebten beschränken.

 

Dies ist jedoch nicht die einzige Diminuierung, der ihr die Liebe unterwerft. Es gibt unzählige Sexaufklärungsbücher, die Methoden vorgeben, wie man es "richtig" macht.

Bestimmte Arten des Orgasmus sind "die besten". Erotische Liebesbezeugung wird zudem nur zwischen Partnern entgegengesetzten Geschlechts erlaubt. Im allgemeinen müssen diese Individuen auch mehr oder weniger gleichen Alters sein. Und es gibt noch viele andere Tabus aufgrund rassischer, kultureller, religiöser, sozialer oder ökonomischer Vorurteile.

Wie wenn diese noch nicht genug wären, glauben weite Kreise der Bevölkerung, dass Sex etwas Schlechtes sei, eine befleckende Sünde wider den Geist, die Gott nur zur Fortpflanzung der Spezies erlaubt.

 

(Pause)

 

Da Liebe und Sex gleichgesetzt werden, ergeben sich natürlich Konflikte. Mutterliebe ist die einzige Ausnahme, die als gesund angesehen wird, da sie unter  f a s t  a l l e n  Umständen jenseits von Sex steht.

Ein Vater kann sich wegen seiner Liebe zu seinen Kindern schuldig fühlen, weil er glauben gelehrt wurde, dass Liebe nur durch Sex ausgedrückt werden könnte oder dass, nachdem Sex mit den eigenen Kindern ohnehin tabu ist, solche nichtsexuelle Liebe unmännlich sei.

 

Auf den Wellen der Liebe reitet nun aber die Kreativität.

Wenn sich Liebe nicht natürlich ausdrücken kann, leidet die Kreativität. Eure Überzeugungen führen zur Annahme, dass eine natürliche Bisexualität zum Tod der Familie führen würde, zur Zerstörung der Moral, zu zügellosen Sexualverbrechen und zum Verlust der sexuellen Eigenart.

Ich würde aber sagen, dass dieser mein Ausspruch (mit trockenem Humor) vielmehr eure  g e g e n w ä r t i g e  Situation genau beschreibt.

Eine Annahme der natürlichen Bisexualität des Menschen würde diese und viele andere Probleme letztlich lösen, so auch das der verbreiteten Gewaltakte jeder Art.

Dies wäre jedoch, nach eurem Verständnis und in eurer Situation, kein leichter Übergang.

 

Die Eltern-Kind-Beziehung, die über eine eigene, einzigartige Gefühlsstruktur verfügt, so dass sie selbst die ihr auferlegten Verzerrungen überlebt, würde in ihrer ursprünglichen Integrität gestärkt, nicht geschwächt, wenn eure bisexuelle Natur stärker betont würde.

Die Kinder wären viel besser dran, wenn die traditionellen Elternqualitäten nicht so ausschließlich der Mutter anhafteten.

 

Dies führt bloß zu einer übergroßen Abhängigkeit von der Mutter und zu einer künstlichen Allianz von Mutter und Kind gegen den Vater.

 

Nun: Heterosexuelle Liebe ist ein wichtiger Ausdruck der Bisexualität des Menschen und gewährleistet seine Fortpflanzung. Aber auch das auf das andere Geschlecht gerichtete Geschlechtsempfinden ruht auf der bisexuellen Grundlage, und ohne die bisexuelle Natur des Menschen (mit Nachdruck) wären die Erweiterungen der Familie - Sippe, Stamm, Gesellschaft, Zivilisationen - unmöglich.

 

Im Grunde bildet also die dem Menschen innewohnende Bisexualität die Basis der Zusammenarbeit, die physisches Überleben und jede Art kulutureller Errungenschaften möglich macht.

Wenn der "Kampf der Geschlechter" wirklich so sehr im Vordergrund, so natürlich und grausam wäre, wie angenommen wird, dann gäbe es keinen Anlass für irgendeine Zusammenarbeit von Mann und Frau.

Es gäbe auch keine Zusammenarbeit unter Männern oder unter Frauen, da sie in einen ständigen Kampf gegeneinander verstrickt wären.

 

Im natürlichen biologischen Fluß des Lebens eines Menschen gibt es verschieden Strömungen, in denen sich die Liebe und ihr Ausdruck in verschiedenen Richtungen hin- und herbewegen, ganz abgesehen vom Wechselspiel der Erfahrungen individueller Art.

 

Diese natürlichen Rhythmen werden aber nur selten bemerkt.

Lesbische oder homosexuelle Tendenzen sind bei Kindern ziemlich natürlich. Sie sind jedoch so gefürchtet, dass mit ihnen oft auch die natürlichen Neigungen ihres heterosexuellen Emfpindens blockiert werden. Der junge Mensch wird in ein stereotypes Muster gepfercht.

 

In der Adoleszenz bricht oft der individuelle Hang zur Kreativität durch. Wenn solche Neigungen in beiden Geschlechtern nicht dem vom jungen Mann oder Mädchen erwarteten Ausdruck entsprechen, wird der junge Mensch verwirrt.

Der schöpferische Ausdruck scheint in einem direkten Widerspruch zu dem erwarteten sexuellen Aufbruch zu stehen.

 

Ich sage nicht, lesbische beziehungsweise homosexuelle Liebe seien Stufen, die zur Heterosexualität führen. Ich sage vielmehr, dass lesbische Liebe, Homosexualität und Heterosexualität gültige Manifestationen der bisexuellen Natur des Menschen sind.

 

(Langsames Tempo) Ich betone auch die Tatsache, dass Liebe und Sexualität nicht das gleiche sind.

Sex ist ein Ausdruck der Liebe, aber nur eine von vielen möglichen Ausdrucksformen der Liebe.

 

Manchmal ist es ganz "natürlich", Liebe auf eine andere Art auszudrücken. Wegen der Vieldeutigkeit des Wortes "Sex" glauben vielleicht einige von euch, dass ich für eine wahllose sexuelle Beziehung eintrete, in der (lachend) "keine Löcher verschlossen sind". Ihr könnt das streichen.

 

Ich sage vielmehr, dass tiefere Bindungen der biologischen und seelisch-geistigen Liebe persönlichen und kulturellen Beziehungen zugrunde liegen, einer Liebe, die  e u r e   V o r s t e l l u n g e n  von der Sexualität übersteigt.

 

Wie diese Liebe zu verstehen ist, mag euch am Beispiel der Liebe einer Familie von Eltern und Kindern einleuchten, einer wichtigen Zelle, um die sich andere Gruppierungen bilden.

Wenn aber die stereotypen Vorstellungen von der Mann-Frau-Beziehung zutreffend wären, dann gäbe es keine solche Bande und keinen Grund, eine Familie an eine andere zu binden.

Die Feindschaft zwischen den Männern wäre zu groß, der Wettbewerb zwischen den Frauen zu hart.

Kriege würden die kämpfenden Stämme auslöschen, bevor sich überhaupt Traditionen herausbilden könnten.

 

In unserer Gesellschaft wie in der mikroskopischen Welt ist die Zusammenarbeit von überragender Bedeutung.

Nur die zugrunde liegende Bisexualität kann dem Menschen den nötigen Freiraum verschaffen und ihn befähigen, stereotypes Verhalten zu vermeiden, das die Kreativität und die zwischenmenschlichen Beziehungen behindert.

 

Dies grundlegende sexuelle Natur ermöglicht euch erst die Vervollkommnung eurer individuellen Fähigkeiten, so dass die menschliche Spezies nicht ausgerottet werden kann.

 

Es ist deshalb für die Zukunft des Menschen absolut notwendig, dass er seine bisexuelle Natur anerkennt.  

 

Natürlich gibt es offensichtliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Sie sind jedoch bedeutungslos und erscheinen nur so groß, weil ihr euch so sehr an sie klammert.

 

Die großen menschlichen Qualitäten wie Liebe, Kraft, Mitgefühl, Vernunft und Phantasie sind nicht dem einen oder anderem Geschlecht vorbehalten.

 

Nur ein Verstehen dieser angeborenen bisexuellen Natur wird diese Qualitäten in jedem Individuum ohne Rücksicht auf sein Geschlecht freisetzen.

 

Die Menschen aller Rassen verfügen über die gleichen Fähigkeiten und natürlichen Anlagen; aber ihr habt schon immer dieselben Unterscheidungen im Hinblick auf die verschiedenen Rassen wie in bezug auf die Geschlechter gemacht.

Bestimmte Rassen erscheinen euch weiblich, andere männlich.

Ihr projiziert eure Vorstellungen nach außen auf die Nationen, und eure Terminologie, die ihr für Nationen und Kriege bereithaltet, entstammt dem gleichen , mit dem ihr über Sex redet.

So sprecht ihr beispielsweise von Beherrschung und Unterwerfung, vom Herrn und vom Sklaven, von der Vergewaltigung eines Volkes usw. - lauter Begriffe, die gleichermaßen für den Krieg und für den Sex gebraucht werden.

 

Mann und Frau sind ebenbürtige Träger der Menschheit - oder Spezies, wenn ihr wollt -, so dass das Trennende zwischen Mann und Frau offensichtlich von der Spezies für die Spezies etabliert wurde.

Es stellt das Ergebnis von Bewusstseinsexperimenten dar, die eine Trennung zwischen der Menschheit selbst und dem Rest der natürlichen Welt herbeiführten.

 

Ihr könnt Pause machen.

 

Nun. (Wieder mit trockenem Humor) Ich glaube, meine gewagte Bemerkung über die "nicht verschlossenen Löcher" stimmt ziemlich mit dem Inhalt dieses Materials überein. Es ist schwierig, zimperlich zu sein, wenn man ein solches Thema bespricht - aber wenn ihr glaubt, dass andere Menschen sich verletzt fühlen könnten, dann macht, was ihr wollt (Anmerkung: ob Jane Roberts und Robert Butts diese Bemerkung nun in das Buch miteinbringen oder nicht).